Dienstag, 05.09.17 Petrosani – Tetila – Novaci – Urdelepass – Obarsia Lotrului – Valea Macesului – Brezoi – Calemanesti – Talmesch – Sibiu/Hermannstadt (311 km)
Wir sind gegen acht Uhr aufgestanden und haben uns fertig gemacht. Dann noch einen Kaffee zum Frühstück getrunken, anschließend haben wir Abschied vom gemütlichen Haus genommen. Pünktlich um neun war unsere Vermieterin zwecks Übergabe zur Stelle. Ein kurzes bye-bye und Drum Bun und los gings, zunächst den Berg runter und dann nach Petrosani um zu Tanken und dann noch ein kleines Frühstück zu uns zu nehmen.
Danach gings los grobe Richtung Targu Jiu, wir wollen heute über die Transalpina nach Sibiu/Hermannstadt. Kurz hinter Petrosani fing die Strecke schon richtig gut an, die hier durch den Nationalpark Difileul Jiului führt. Eine gut ausgebaute kurvige Straße durch ein enges Tal entlang eines wilden Gebigsflusses. So macht der Start in den Tag auf dem Mopped Spaß!
Das ging so gut eine Stunde bis wir auf eine Hochebene kamen. Sie sah auf den ersten Blick normal aus, aber beim genaueren Hinsehen konnte man Spuren eines Tagebaus sehen. Kohle wird es eher nicht gewesen sein, ich würde auf Kiesabbau tippen.
Nach wenigen Kilometern ging es bei Tetila dann links ab und wir folgten einer kleinen Straße durch hügeliges Kulturland Richtung Novaci. Hier sahen wir auch zum ersten Mal kleine Dörfer, die überwiegend von Sinti oder Roma bewohnt wurden. Meist waren die Häuser eher ungepflegt und auch die Grundstücke waren nicht wirklich präsentabel. Dazwischen immer wieder recht prächtige Neubauten im „Zuckerbäckerstil“. Die bisher durchfahrenen Dörfer Rumäniens wirkten dagegen deutlich ordentlicher und sauberer. Bald änderte sich das Bild und die Dörfer sahen wieder deutlich besser aus. Auch die Kleidung der Menschen wirkte ordentlicher.
Dann kam die Abzweigung zur Transalpina, die Berge waren schon deutlich zu sehen und es schnell begann der Aufstieg. Schön geschwungene Kurven und guter Asphalt führten uns nach oben. Dazu ein strahlend blauer Himmel und gute Sucht über die Berge und die weite Ebene in unserem Rücken: die Walachei! Höhenmäßig nicht unbedingt spektakulär aber von der Anlage und dem Drumherum mehr als auf Augenhöhe mit den Alpenpässen! Fahrerisch angenehm anspruchsvoll genug aber doch noch so, dass man immer wieder das Auge über die schöne Landschaft schweifen lassen konnte.
Es ging immer weiter hinauf und über die Baumgrenze hinaus. Streckenmäßig einfach wundervoll. Nach dem ersten kleineren Pass kehrten wir in Ranca fzum Kaffee in einem Restaurant ein. Mittlerweile war es auch schon recht frisch, vielleicht 12/13 Grad und es wehte ein kräftiger Wind. Der heiße Kaffee auf der Terrasse tat gut. Leider gab es kein Stück Kuchen oder so, was gut gepasst hätte. Fritze studierte die Speisenkarte und amüsierte sich über die günstigen Preise.
Danach ging es mit frischer Energie weiter Richtung Urdele, dem höchsten Teil der Transalpina. Die Landschaft und die Aussicht waren spektakulär und die Straße war perfekt darauf abgestimmt. Wir sind ganz gemütlich gefahren, um immer wieder den Blick schweifen zu lassen und uns nicht nur auf die Straße konzentrieren zu müssen. Es wäre natürlich auch anders gegangen, aber muss man jeden Pass raufbrettern wie ein Irrer?
Auf dem Urdele gab es ein paar Souvenirstände und natürlich auch andere Verkaufsbuden, aber wir brauchten ja nur ein paar Fotos von dieser grandiosen Landschaft und der Aussicht. Dann noch eine Zigarette, einen Aufkleber anbringen und weiter gings.
Zuerst noch auf dem Bergkamm, dann begann langsam der Abstieg ins Tal. Bergab gings recht zügig wieder in die bewaldete Zone, so dass man nicht mehr diese tollen Ausblicke hatte und dementsprechend waren wir wieder flotter unterwegs.
Unten im Tal bogen wir bei Obarsia Lotrului nach rechts ab, die Straße wurde leider wieder schlechter, relativ ruppig, hin und wieder ein paar Schlaglöcher und ein paarmal in Kurven Schotter, wo anscheinend das Wasser die Straße unterspült hatte. Gerade bei diesen Straßen ist uns aufgefallen, dass die Vegetation bis an den Straßenrand reicht und es selten Begrenzungspfosten oder Leitplanken gibt. Das macht gerade die Kurven unübersichtlich aber mit der Zeit entwickelt man ein Gefühl für die Kurven und dann passt das schon!
Bald waren auch wieder viele Dörfer zu durchfahren, diesmal offensichtlich trotz der abgelegenen Lage gepflegte und ordentliche Dörfer. Am kleinen Badisor-Stausee legten wir noch eine kleine Pause ein und Fritze hat dann ein paar Fotos von der Staumauer gemacht, obwohl es deutliche Verbots-Hinweise auf dieses frevelhafte Tun gab. Aber egal, mittlerweile sind diese Schilder in der Regel eher als historische Überbleibsel zu betrachten.
So langsam näherten wir uns der Abzweigung nach Sibiu, sprich wir trafen auf die E81, eine der Hauptverbindungsstraßen von Bukarest nach Sibiu. Dementsprechend nahm auch der Verkehr zu. Speziell die schweren LKW waren im Vergleich zu Deutschland zügig unterwegs. Im Schnitt waren sie mit 90 – 100 km/h unterwegs und auch in den Ortschaften waren sie kaum langsamer.
Überholen haben wir uns geschenkt, in den Kurven konnten wir vor uns etliche LKW und viele PKW sehen, und fürs Kolonnenspringen war die Straße nicht geeignet wegen der vielen Kurven und Schlaglöcher. Ein, zwei Einheimische haben dann doch überholt, aber sie bleiben dann auch schnell in der Kolonne stecken.
Dann leuchteten plötzlich vor uns die Bremslichter und Warnblinker auf. Also auf die Bremse und anhalten. Da nichts zu sehen war und auch kein Gegenverkehr in Sicht war zogen wir an den stehenden Fahrzeugen vorbei, Moppeds machens möglich!
Nach vielleicht 3-4 Kilometern wurden wir dann von einem Posten auf den rechten Fahrstreifen gewunken und in eine Lücke dirigiert, in der schon vier holländische Motorradfahrer warteten. Also eingereiht und dann gemeinsam gewartet, ob und wie es weitergeht. Wir sind abgestiegen und haben kurz miteinander gesprochen und stellten fest, alle kamen gerade vom Transfogorasch und wollen jetzt nach Sibiu.
Auf Fritzes Kameras angesprochen, sprechen wir einen Augenblick über Videoaufnahmen während der Fahrt, welche Kamera, welche Speicherkarten usw., als Fritze in seine Tanktasche greift, um ein paar der Kradmelder24-Aufkleber an die Holländer zu verteilen. Als die jedoch sagen, dass sie den Kanal auf Youtube bereits abonniert haben, fällt Fritze fast um!
Dann kam der Posten und machte uns klar, dass es jeden Moment losgehen könne. Also rauf auf die Kräder und auf das Startsignal warten. Leider mussten wir dann doch die ersten 2 Kilometer (so lang war der Stau auf der Gegenseite) hinter dem Laster bleiben. Dann war freie Bahn und dank der jetzt freien und gut ausgebauten Straße gings jetzt mit 6 Moppeds im Formationsflug zügig über die Landstraße.
Kurz vor Sibiu mussten wir dann einer Umleitung folgen, was aber nicht weiter dramatisch war, die Straße war schön kurvig und ging die Hügel rauf und runter. Dann kamen wir nach Sibiu rein. Für hiesige Verhältnisse (soweit wir das Land erfahren haben) fast eine Großstadt und im Gegenteil zu Vulcan deutlich aufgeräumter und gepflegter. Die Außenbezirke wirkten keineswegs ärmlich oder heruntergekommen, sondern hätten in jede europäische Stadt gepasst.
Allerdings war die Verkehrsführung etwas gewöhnungsbedürftig, bei einem Doppelkreisel ging Fritzes Navi einfach aus, und er verlor die Orientierung. Aber ein Neustart half und ab gings zu unserer Pension Roter Hahn in der Altstadt.
Von der Straße waren nur ein Tor und das Schild zu sehen. Einmal klingeln und die kleine Personenpforte ging auf und zeigte einen schnuckeligen kleine Hinterhof, von wo aus die einzelnen Zimmer und die Rezeption abgingen. Nach dem Einchecken öffneten wir das ganz Tor und rollten mit den Moppeds auf den Hof. Feierabend!
Nun schnell duschen und dann ab zum Essen in die Altstadt! Vorher habe ich noch mal einen Bankomaten überfallen, hat gut geklappt und ich brauchte nicht mal auf Neun Millimeter hinweisen.
Dann rauf zum Marktplatz über die Lügenbrücke. Oben auf dem Markplatz sah es einfach klasse aus, lauter schön restaurierte Gebäude, Restaurants und Cafés, dazu jede Menge Menschen, Einheimische und Touristen. Wirklich ein schönes Ambiente! Da wir ziemlich ausgehungert waren gings natürlich gleich in eines der zahlreichen Restaurants am Markt.
Der Blick in die Speisenkarte überraschte uns mit deutschen Menünamen, was uns das Bestellen leicht machte. Ich entschied mich für das „Betrunkene Hühnchen“ und Fritze nahm „Muschi Tiganesc“. Nein, das Zeug heißt wirklich so, und beim Studieren der Speisenkarte konnten wir uns das Grinsen nicht verkneifen. Zu Trinken nahmen wir das hier weit verbreitete Ciuc Radler, ein trübes Biermixgetränk, welches wir gleich beim ersten Mal zu unserem Lieblingsgetränk ernannten.
Nach dem Essen machten wir uns daran, ein bisschen die Altstadt zu erkunden. Als wir schon ein kleine Weile unterwegs waren und hinter der evangelischen Kirche die Treppen hinaufstiegen, stand dort ein in schwarzen Trainingssachen gekleideter Mann, etwa in meinem Alter, der uns freundlich ansprach. Offenbar hörte er uns deutsch sprechen, und so fragte er uns in unserer Sprache, woher wir kämen und ob wir Sachsen seien.
„Nein, Hamburg“ sagte ich, und er erwiderte mit rumänischem Akzent: „Schturgert“. „Was, Stuttgart?“ fragte Fritze ihn zurück, völlig erstaunt über das, was er da eben hörte.
Wir hielten an, und es entwickelte sich ein Gespräch zwischen ihm und uns. Er fragte, ob wir von Hermannstadt schon etwas gesehen hätten und bot uns an, ein paar Sehenswürdigkeiten im Bereich des Marktplatzes zu zeigen. So folgten wir ihm gerne und er erzählte interessante Geschichten über das Deutsche Gymnasium, die Kirchen der großen vier christlichen Konfessionen, den Stadtpräsidenten, die Lügenbrücke und vieles mehr. Wir marschierten eine ganze Weile, wohl wissend, dass heute Abend noch unser Tagebuch fortgeschrieben werden muss.
Er ließ es sich jedoch nicht nehmen, uns auf dem Großen Markt zu einem Bier einzuladen. So setzten wir uns bei herrlich milder Luft an den freien Tisch eines der Lokale. Bei rumänischem Lagerbier prosteten wir uns zu und stellten uns gegenseitig vor. Livio freute sich, uns kennenzulernen und erzählte uns von sich. Rumäne sei er, aus Hermannstadt. Vor dreißig Jahren ist er weggezogen, nach Stuttgart, wo er in Feuerbach beim Bosch arbeitet. Fritze, der ja ebenfalls aus Stuttgart stammt, hielt es fast nicht mehr am Sitz. Was für ein Zufall! Da fährt man dreitausend Kilometer quer durch Europa und wird dann angesprochen von jemandem, und so eine kuriose Geschichte kommt dabei heraus.
Es war ein toller Abend mit Livio, gespickt mit kleinen Anekdoten aller Beteiligten. Wir tauschten dann noch unsere Telefonnummern aus und Livio versprach, wenn wir unterwegs in Rumänien Probleme egal welcher Art hätten, würde er uns „rausholen“. Wir nahmen das Angebot an, aber hofften natürlich, dass wir unsere Reise problemlos fortsetzen können.
Es wurde dann doch elf Uhr, bevor wir in der Pension ankamen. Was für ein schöner Tag voller Überraschungen!
Karpatentour mit Fritze & Wolle: MV92 Transalpina (1) und MV93 Transalpina (2)
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