Roads To Siberia, Tag 9

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Sonntag, 7. Juni 2015

Auf nach Asien, sprich von Astrachan nach Atyrau, und wieder eine Grenze, nein, zwei Grenzen: einmal die nach Kasachstan und dann die Grenze zwischen Europa und Asien. Doch der Reihe nach wird erzählt.

Wir checkten zeitig aus dem Hotel aus und machten eine kleine Stadtrundfahrt durch ein Viertel von Astrachan abseits vom Zentrum. Nicht wirklich geplant, sondern weil ich meinte schlauer zu sein als das Navi. Da bekamen wir ein anderes Bild zu sehen, sprich einfache Häuser, buntes Markttreiben und viele kleine Händler in engen Straßen statt den großen Boulevards. Eine bunte Mischung von verschiedenen Völkern, Russen, Kasachen und ein paar Zigeuner wuselten auf der Straße und den Bürgersteigen umher, beschäftigt mit den Wochenendeinkäufen.

Dann ging es raus aus der Stadt, das Wolgadelta entlang. Erstaunlich was für ein Einzugsgebiet dieser Fluss hat. Meist auf einem Damm toter Flussarme entlang und Überschwemmungsgebieten. Und überwiegend alles Grün. Doch langsam wich das Grün den schon seit Gestern bekanntem Brauntönen der Steppe.

Dann kam das erste Highlight des Tages, die Pontonbrücke von Krasnii Yar. Für 200 Rubel fuhren wir über die Brücke, erst ich und dann Thom. Es war schon etwas aufregend über diese schwankende Brücke zu fahren, die Überfahrt zu Filmen habe ich schnell aufgegeben, es waren beide Hände am Lenker nötig wegen des geriffelten Untergrundes. Ein bisschen mulmig war uns schon zumute dabei, aber alles ging gut. Auf der anderen Seite habe ich dann Thom gefilmt, das hatte schon was. Der Brückenchef meckerte ein wenig, weil ich mein Mopped nicht nach seiner Vorstellung abgestellt hatte, aber er erwiderte dann doch unseren Gruß.

Dann ging es an die Grenze, auf der russischen Seite fuhren wir langsam an den PKW vorbei zur Schranke. Dort gaben wir den Beamten unsere Pässe, es gab den üblichen Laufzettel zum Abstempeln und dann durften wir zum Abfertigungsgebäude. Ein bisschen blättern und streng gucken, und der Posten winkte uns weiter zur nächsten Station. Hier wurde es erst einmal kompliziert, weil wir keine kasachischen Visa hatten. Soweit wir mitbekommen haben, wurden erst ein paar Tage zuvor zwei Italiener zurückgeschickt deswegen. Dann wurde ein junger Offizier herbeigerufen, der sehr gut Englisch sprach. Er nahm sich unserer Angelegenheit an und marschierte mit den Pässen von dannen. Nach gefühlten zwei Stunden kam er zurück und verkündete stolz, dass wir weiter können, wir bekämen einen 15-Tage-Stempel in Kasachstan. Dann über die Grenze durchs Niemandsland. Auf einer Brücke der letzte russische Posten, wo der Laufzettel abzugeben war. Der Posten war echt cool drauf und freute sich über unsere Bikes. Da kam ein Lkw aus der anderen Richtung und hielt erst hinter dem Stoppstreifen, erbost ordnete der Posten an, dass der Lkw zurücksetzen solle.

Wir wurden durchgewunken und hielten am kasachischen Posten an, wieder gabs einen Laufzettel und die Bikes wurden in eine Liste eingetragen. Dann weiter zur eigentlichen Grenzkontrolle. Anscheinend war man über unser Eintreffen informiert, denn wir wurden gleich in Empfang genommen. Relativ schnell wurden wir abgefertigt und der kasachische Grenzer erklärte stolz, wir dürften für 15 Tage visumfrei einreisen. Ich musste dann zwar noch eine Packtasche öffnen, aber schließlich ging es los.

Hinter dem Schlagbaum wurden wir von Frauen „überfallen“ die Geld tauschen wollten, was wir dann auch taten, unsere restlichen Rubel wurden zu kasachischen Tenge. Und dann ging es los, von wegen sie ritten um die Wette mit dem Steppenwind… die Straße war in einem dermaßen erbärmlichen Zustand, dass wir sogar mit unseren Enduros langsam fuhren, sprich so um die 40-50 km/h, während alle anderen Schrittgeschwindigkeit fuhren. Die sprichwörtlichen Schlaglöcher von der Größe eines Smart wurden hier zur Wirklichkeit!

Es war mehr ein Straßentango, den wir vollführten. Nach ca. fünfzig Kilometern wurde es dann besser und das Tempo zog stetig an und da waren sie auch wieder, die Autos, die teilweise mit halsbrecherischer Geschwindigkeit an uns vorbeizogen und dabei ganz schön in den Federn ächzten. So langsam gewöhnten wir uns an die Straße und stehend ließ sich das dann ganz flott fahren. Dazu der scharfe Wind aus der Steppe, der stellenweise feinen Sand über die Straße trieb, dass man sie kaum noch sehen konnte, es war schon ein anspruchsvolles Fahren.

Dazu noch eine weitere Zeitverschiebung und so kamen wir erst relativ spät in Atyrau an. Thom rief seinen Kontakt, den deutschen Konsul, an und wir wurden erst zum Büro, zum Abstellen der Moppeds und dann ins Hotel gebracht. Schnell einchecken und umziehen, dann gings mit Chauffeur und Peter zum Schaschlik essen. Das Ganze nahm dann einen für uns im Nachhinein etwas schwierigen Verlauf, das Bier floss in Strömen, das Essen war super lecker und wir hörten den witzig vorgetragenen Anekdoten vom Konsul zu. Zum Abschluss gabs noch Wodka, und Thom und ich durften Toasts aussprechen. So gegen zwei Uhr in der Früh gings zurück ins Hotel. Dort begingen wir den Fehler, noch ein Bier zu bestellen.

Für mich wurde die Nacht hart und eigentlich wollten wir am nächsten Morgen weiter fahren, aber wir Beide waren nicht gut drauf, Kopfschmerzen und eben typische Nachwirkungen eines Katers.

Wolle

Lebt in der Nähe von Hamburg und liebt das ganz große Abenteuer. War auf seiner modifizierten 650er Xchallenge in der Mongolei und Sibirien und tourte mit einer T700 durch Südamerika. Für die etwas gemächlicheren Touren innerhalb Zentraleuropas zieht er jedoch als Lastesel seine 800er Tiger vor.