Roads To Siberia, Tage 85 bis 89

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Samstag, 22. August 2015 Moskau

Heute ist Sightseeing angesagt, sprich: wir wollen das Zentrum von Moskau unsicher machen. Trotzdem schlafen wir uns aus und sind gegen neun Uhr abmarschbereit, um zu frühstücken. Auf dem Weg zur Ulitza Twerskaja haben wir das zweifelhafte Vergnügen, noch ein paar Schnapsleichen zu sehen, die von der Freitagabendparty übrig geblieben sind.

Wir suchen uns ein Restaurant an der Ecke zur Twerskaja aus, wo überraschenderweise noch die letzten Nachtschwärmer ausharren und recht offensichtlich gegen den Schlaf ankämpfen. Zwar gibt es kein richtiges Frühstück im Angebot, aber wir finden trotzdem was Leckeres zu Essen, so eine Art Sandwich mit diversen Beilagen. Dazu erst einmal einen Latte Macchiato und dann Cola gegen den Durst.

Danach geht es zum Roten Platz und zum Kreml. Auf dem Vorplatz ist schon reichlich was los, jede Menge Stände mit Devotionalien aus der Sowjetzeit, dazu Stände mit den verschiedensten Leckereien, ob nun flüssig oder fest. Gegenüber das Hotel Moskau, eine der großen Luxusherbergen hier. Der Rote Platz selber ist leider zum Teil abgesperrt, weil dort Aufbauarbeiten für eine Veranstaltung in Gange sind. Es sieht nach einer Pferdeshow aus oder eine Art Military Tatoo. Trotzdem ist der Platz voller Menschen, entweder so wie wir als kleine Gruppe oder als große Reisegruppe. Und da sind sie wieder, die unhöflichen Barbaren aus China, als Reisegruppe nehmen sie keinerlei Rücksicht auf Andere, sie stürmen wie eine Horde über den Platz, drängen alles beiseite für ein paar Fotos bzw. Selfies und stürmen weiter. Einfach unglaublich deren Verhalten!

Wir beschließen derweil das Kaufhaus GUM zu besuchen, schließlich ein Muss, wenn man in Moskau ist! Außerdem liegt es direkt am Roten Platz, irgendwie passend. Das Kaufhaus hat was, im Gegensatz zu unseren Kaufhäusern besteht es aus vielen kleinen Läden die an mehreren parallel verlaufenden Galerien liegen. Leider sind es keine Läden für Normalverdiener, sondern überwiegend Luxusboutiquen, von Manolo Blahnik bis Cartier, Hugo Boss bis Armani und so weiter.

Wir setzen uns in ein Café und beobachten das bunte Treiben, während wir uns den Kaffee schmecken lassen. Dann noch ein paar Schnappschüsse und dann geht’s ins Erdgeschoss, wo gerade eine Ausstellung russischer Automobile aus den vierziger und fünfziger Jahren stattfindet.

Es sind teilweise zeitlos elegante Automobile, die technisch gesehen durchaus auf Augenhöhe zu vergleichbaren westlichen Automobilen waren. Allerdings wohl eher nicht für Jedermann in der Sowjetunion erhältlich oder erschwinglich. Sogar ein paar Cabriolets und eine Allradvariante waren zu sehen.

Danach geht’s wieder raus auf den Roten Platz, eigentlich wollten wir dem ollen Lenin einen Besuch abstatten, aber wegen der Absperrung wäre es ein ziemlicher Umweg gewesen und so wichtig fanden wir es dann doch nicht. Natürlich haben wir uns dann die Basilius-Kathedrale von außen angesehen, leider ein wenig durch die östlichen Barbaren gestört. Trotzdem, schon ein beeindruckender Bau und irgendwie passt der Zuckerbäcker-Stil hierher. Anschließend geht’s an der Kremlmauer entlang zur Brücke über die Moskwa. Es ist die Brücke, auf der Nemzow erschossen wurde. Seine Anhänger legen auf der Brücke Blumen und Kränze nieder, dazu jede Menge Andenken und Fotos von ihm, einige Anhänger halten Mahnwache mit Plakaten in den Händen. Wir beobachten die Szene eine Weile weil wir erwarten, dass gemäß unseren Medienberichten gleich die Miliz kommen muss und dem Spektakel ein Ende bereitet. Zwar fahren ein paar Milizautos vorbei, doch niemand nimmt Notiz von dem Geschehen.

Apropos Miliz bzw. Polizei. Auffällig ist, dass während unserer gesamten Reise durch Russland die sichtbare Polizeipräsenz sehr gering war, in den Großstädten war schon mehr davon zu sehen, aber deutlich weniger als zum Beispiel in Hamburg. Auf dem Land ist uns so gut wie gar keine Polizei aufgefallen. Selbst um den Kreml war relativ wenig Polizei zu sehen und das trotz der Masse an Touristen rund um den Roten Platz. Wir überqueren die Wolga und gehen dann parallel zum Kreml am Fluss entlang, um dann wieder die Wolga zu queren und durch den Garten am Fuße des Kremls zu flanieren. Der Kreml mit seinen Regierungsgebäuden ist schon beeindruckend, dazu hervorragend restauriert und die Mauer mit ihrem leuchtenden Rot, dazu das Weiß der Gebäude und die goldenen Verzierungen der Dächer sind schon prachtvoll anzusehen. Doch wesentlich repräsentativer als das, was wir Deutschen von Bonn oder Berlin gewohnt sind. Die Zaren wussten schon, was sie ihrem Riesenreich schuldig waren!

Der Garten war dann nicht so beeindruckend, aber wenigstens schattig. Interessant war dann die Ecke, wo unsere Bundeskanzlerin im Mai den Kranz zum Gedenken niedergelegt hat. Natürlich mit ewiger Flamme und vielen Tafeln der sowjetischen Heldenstädte, dazu eine Ehrenwache der Kremlgarde. Auch hier wieder viele Russen unterschiedlicher Ethnien, die der Gefallenen des Zweiten Weltkrieges gedenken. Wir entziehen uns dann der doch etwas beklemmenden Atmosphäre und machen uns langsam auf den Rückweg zum Hotel, wo wir hoffentlich einen glücklichen John in Empfang nehmen können.

Im Hotel habe ich mich dann für ein Stündchen hingelegt, und anschließend haben Thom und ich uns um die Moppeds gekümmert. Kettenpflege war angesagt und ein prüfender Blick hier und da, ein paar Schrauben nachziehen, das Gepäck überprüfen und dann kam auch schon ein strahlender John mit dem Taxi angerauscht, in den Händen seine neue Kupplung und frisches Motoröl. Er habe keine Probleme mit dem Zoll gehabt berichtet er, er ist einfach zum Ausgang des Flughafens gestratzt und sich taub gestellt und hat so die Zollkontrolle ausgelassen. Geht doch.

Gegen Abend machen wir uns dann auf den Weg zurück ins Zentrum, wir wollen den letzten gemeinsamen Abend mit einem lecker Essen und ein paar Bieren feiern, denn Thom und ich werden am nächsten Tag gen Westen aufbrechen. Leider ohne John, denn er kann erst am Montag an sein Mopped und die Kupplung einbauen.

Ein deutscher Techniker, der auch in unserem Hotel abgestiegen ist, empfiehlt uns das Restaurant Bürgermeister, was in Sachen Bier sehr gut aufgestellt sein soll und dazu lecker Essen anbietet. Auf dem Weg dorthin kommen wir durch eine Fußgängerzone voller Restaurants, die alle ziemlich gut besucht sind, dazu gibt es Live-Musik, ein paar Straßenmusikanten mit Streichinstrumenten spielen Heavy Metall. Die sind echt gut und so bleiben wir erst einmal stehen und genießen die Musik. Danach geht’s weiter Richtung Bürgermeister. Dazu müssen wir zusehen, dass wir den großen Theater-Boulevard überqueren können. Das stellt sich als schwierig heraus, weil es keine Zebrastreifen gibt und der Verkehr es nicht zulässt, einfach so über die Straße zu gehen. Doch mit etwas Suchen finden wir einen Fußgängertunnel.

Der Bürgermeister ist ein großes Restaurant mit einer großen Terrasse. Weil es ein lauer Sommerabend ist, nehmen wir natürlich draußen Platz. Witzigerweise darf man hier auch nicht rauchen, sondern muss die Terrasse verlassen. Aber egal, auch damit kommen wir klar. Thom und John gönnen sich ihre heimatlichen Lieblingsbiere, während ich mich mir ein Sibirski Korona schmecken lasse. Das Essen ist schmackhaft, allerdings sind die Preise hier deutlich höher als bisher gewohnt, aber so ist das eben in Metropolen.

So gegen Mitternacht machen wir uns dann auf dem Weg zurück in Hotel. Zu unserer Überraschung sind die Straßenbauarbeiten immer noch in Gange, wenn auch jetzt mit den letzten Feinarbeiten wie Straßenmarkierungen, die Gehwege fertig zu machen und soweit alles aufzuräumen. Irgendwie ungewöhnlich, weil bei uns wäre Freitagmittag Feierabend!

Sonntag, 23. August 2015

Es ist Sonntagmorgen, 7 Uhr, als das Handy zum Wecken klingelt. Müde quälen wir uns hoch, einerseits unwillig wegen gestern abend, andererseits weil es der Anfang vom Ende unserer Reise ist. Unser Tagesziel heute ist die russisch-lettische Grenze oder zumindest Welikije Luki, knapp 600 km von Moskau entfernt. Doch erst einmal geht es in den Hotelkeller zum Frühstücken. Frisch gestärkt wird dann schnell alles gepackt und zu den Moppeds geschleppt, wo wir uns dann fertig machen. Schon ein komisches Gefühl, wir lassen John zurück, und gleichzeitig endet hier auch die bisherige Freiheit, sich im Reisemodus zu bewegen, sprich alles können und nichts müssen. Thom muss in 8 Tagen wieder arbeiten, also hilft es nichts, wir müssen uns auf den Weg machen. John kann erst am Montag seine BMW reparieren und will dann ebenfalls gen Heimat fahren. Da es ziemlich wahrscheinlich ist, dass er über Hamburg fährt, wird er natürlich gleich zur Übernachtung eingeladen.

Dann wird es ernst, wir umarmen uns, und mit einer kleinen Träne im Auge sitzen wir auf und starten die Motoren. Es ist jetzt neun Uhr, vor uns liegen keine Pisten mehr, sondern zunächst die Stadtautobahn und dann eine wahrscheinlich gut gepflegte Fernstraße, die M 9. Also los geht’s! Kurzes Winken und schon verschwindet das Hotel und ein einsamer John im Rückspiegel. Da es Sonntag ist, haben wir ziemlich freie Fahrt, anscheinend sind die Moskauer Langschläfer.

Was letztlich ein Glück für mich ist, bei einem Abbiegemanöver täuscht Thom ein Linksabbiegen vor, biegt aber rechts ab, während ich nach links fahre. Aber da wenig Verkehr ist fahre ich falsch rum in die Bushaltestelle rein und Schwupps sind wir wieder zusammen.

Auf der Stadtautobahn wird’s langsam voller, aber es geht doch recht zügig voran. Wir kommen am ehemaligen Olympia-Gelände vorbei, und nach einer Stunde erreichen wir den Stadtrand von Moskau. Wider Erwarten haben wir keine maroden Plattenbauten oder ähnliches sehen können, anscheinend unterscheidet sich Moskau wirklich so gut wie gar nicht von anderen europäischen Großstädten. Wir fahren durch dicht besiedeltes hügeliges Gebiet mit vielen Neubaugebieten, sozusagen der Speckgürtel Moskaus. Einmal werden wir kurz mit der Vergangenheit konfrontiert, an der Autobahn weist ein Denkmal auf die Stelle hin, wo die Wehrmacht 1941 Moskau am nächsten kam. Ansonsten verläuft die Fahrt entspannt und wir ziehen gleichmäßig mit ca. 90 – 100 km/h unsere Bahn.

Beim Tanken machen wir die Bekanntschaft mit einem jungen Russen, der uns gleich auf Englisch anspricht. Ob wir Lust hätten, einen Blick auf die nahegelegene Rennstrecke zu werfen, dort läuft grad eine Motorradevent. Nach einigem Zögern bedanken wir uns für die nett gemeinte Einladung, aber wir fahren lieber weiter, irgendwie scheint es uns doch nach Hause zu ziehen.

So langsam gelangen wir wieder in den Fahrmodus, es läuft einfach und wir können die Gedanken schweifen lassen und nach gut 300 Kilometer verändert sich dann die Landschaft, die Ortschaften werden seltener und kleiner, es gibt mehr Wald und Felder und die abzweigenden Straßen sind häufig nur noch Pisten. Nur die M9 behält ihren guten Asphalt. Wegen der geringen Dichte von Tankstellen fahren wir lieber rechtzeitig zum Tanken raus und nutzen unsere Reichweite nicht aus, aber 300 km gehen immer.

So gegen drei halten wir nach einer Raststätte Ausschau und halten dort an, so langsam macht sich Hunger bemerkbar. Auch hier gilt, es wird das letzte Mal sein, dass wir eine russische Mahlzeit bestellen. Wir lassen es uns schmecken und während wir essen, tauchen ein paar Moppedfahrer auf, Russen die am Wochenende auf einem Bikerfestival bei St. Petersburg waren. Später sehen wir noch reichlich davon, die uns winkend entgegenkommen.

Gegen fünf machen wir noch einmal eine kurze Pinkelpause, dabei zeigt uns der Blick aufs Navi, dass wir nur noch eine Stunde von der Grenze entfernt sind. Der kurze Kriegsrat hat als Ergebnis, dass wir heute doch noch versuchen wollen, über die Grenze zu kommen.

Warum auch nicht, es ist noch zu früh zum Halten und bis zur Grenze ist weder eine Ortschaft noch ein Hotel auf der Karte eingetragen. Also wieder aufgesattelt und weiter geht’s. Mittlerweile umgibt uns fast nur noch Wald und sogar die Fahrzeuge werden immer weniger. Kurz vor der Grenze fangen dann die Lkw an sich zu stauen. Wir fahren dran vorbei und können kurz vorm Grenzübergang noch einmal preiswert volltanken. Dann stehen wir vor dem Checkpoint.

Wie erwartet, geht es auf der russischen Seite zügig voran, alle Grenzer sind freundlich und nach einer guten Viertelstunde stehen wir vor dem lettischen Checkpoint. Der guckt uns skeptisch an und begutachtet unsere Pässe intensiv, bevor er uns weiter zur Abfertigung fahren lässt. Hier erwarteten wir eigentlich eine entspannte und lockere Abfertigung, schließlich sind wir wieder in der EU. Doch weit gefehlt, die lettischen Zöllner haben nicht nur das gesamte Gepäck kontrolliert, sondern wir mussten noch eine fast hochnotpeinliche Befragung über uns ergehen lassen, sondern dazu noch eine Erklärung ausfüllen, wieviel Sprit wir in den Tanks haben, ob Lebensmittel an Bord sind und die Grüne Versicherungskarte vorlegen. Zwar waren die Jungs freundlich, aber distanziert und irgendwie fühlten wir uns gar nicht wohl, das hatten wir uns anders vorgestellt! Aber egal, auch das ging vorbei und es ist ja der letzte Grenzübergang für uns in dieser Art.

Nachdem wir die Grenze hinter uns gelassen haben, warfen wir einen Blick auf das Navi und entscheiden uns, die Hauptstraße zu verlassen und uns auf kleinen Nebenstraßen weiter gen Westen nach Litauen zu bewegen. Diese Sträßchen entpuppten sich als herrliche Schotterstrecken, und zum Abschluss suchten wir uns noch ein stilles Plätzchen, wo wir das letzte Mal unsere Zelte aufschlugen. Viel zu Essen hatten wir nicht mehr, aber es gab für jeden noch ein Snickers und eine Tüte Pistazien, dazu unseren gewohnten Mac-Kaffee. Wir sind dann mit Einbruch der Dunkelheit in den Zelten verschwunden.

Montag, 24. August 2015

Die letzte Nacht im Zelt hat uns gezeigt, dass es langsam auf den Herbst zugeht. Es war recht frisch und trotz des He-Man-Anzugs hab ich ein wenig gefroren. Und am Morgen waren unsere Außenwände der Zelte vom Tau ziemlich nass. Außerdem hatten wir keinen Kaffee mehr. Also schnell aufgerödelt, ein großer Schluck Wasser und eine Zigarette und auf geht`s weiter gen Heimat. Zum Glück kam die Sonne schnell raus und es wurde angenehm warm. Außerdem hatten wir Glück, für zwei Stunden ging es auf herrlichen Pisten recht zügig voran. In einem kleinen Dörfchen holte Thom Wurst, Brot und Getränke, sodass wir dann an einem kleinen See unser langersehntes Frühstück genießen konnten.

Danach ging es leider nur noch auf Asphalt weiter, aber egal, der Weg ist das Ziel. Wir kamen gut voran, über gut ausgebaute Landstraßen, die leider voller Lkw und Trecker waren, aber mit dem Mopped kann man ja recht gut überholen. Plötzlich ging meinen Ölkontrollleuchte an, sowas aber auch! Naja, also anhalten und gucken, was los ist. Zumindest war nirgendwo ein Leck zu sehen, also entschied ich mich fürs Weiterfahren, bis wir an einer Tanke Öl kaufen können. Nach einer gefühlten Ewigkeit kam endlich eine Tanke. Also rechts ran, 3 Liter Öl gekauft und dann das Gepäck abgeladen, um die Sitzbank abzunehmen, damit ich Öl auffüllen konnte. Hm, bei zweieinhalb Liter Ölvolumen habe ich gute zwei Liter nachgefüllt, das war wohl wirklich auf den letzten Päng, 10 Kilometer weiter, und der Motor wäre wohl hin gewesen. Ein Hoch auf die Jungs von Rotax!

Mit einem etwas unguten Gefühl ging es dann weiter, am späten Nachmittag haben wir noch einen kurze Pause eingelegt und einen Blick auf die Karte geworfen. Wir waren kurz vor der polnischen Grenze und bis zur nächsten polnischen Stadt waren es nur noch eine gute Stunde Fahrt. Da dies unser letzter gemeinsamer Abend ist haben wir beschlossen, uns ein gutes Hotel zu gönnen und eine kleine Abschiedsfeier abzuhalten. Nach einigem Suchen haben wir dann am Ortsrand von Suwalki ein schönes und modernes Hotel gefunden. Bingo, nach einem guten Ritt, immerhin sind wird durch ganz Litauen und Lettland bis nach Polen geritten, genau das Richtige.

Das Hotel war wirklich gut ausgestattet und nach dem Frischmachen gabs draußen erst einmal ein großes kühles Bier, herrlich nach so einem Tag. Nach einem weiteren Bier sind wir dann ins hoteleigene Restaurant, wo wir uns das richtig gutgehen ließen, ich habe mir ein Rindercarpaccio, ein Steak und dazu Salat gegönnt. Wir haben dort die Reise noch einmal Revue passieren lassen und waren uns einig, dass wir beide noch einmal zusammen fahren wollen, gerne auch zusammen mit John. Apropos John, er hat uns gesimst, dass er seinen Beemer mittags fertighatte und bereits gut Strecke gemacht hat, er hat es bis zum Abend an die russische Grenze geschafft. Nicht schlecht würde ich sagen, aber für solche guten Straßen ist der Beemer ja auch wie geschaffen. Mit einem leichten Glimmer ging es dann gegen Mitternacht zu Bett.

Dienstag, 25. August 2015

Dank der weichen Hotelbetten ging es gegen halb neun zum Frühstück, diesmal ein herrliches kontinentales Frühstück mit allem was wir so lange entbehrt haben oder meinten entbehrt zu haben, frische Brötchen, Nutella, Marmelade, Aufschnitt, richtige Rühreier, Joghurt und Obst, dazu endlich richtiger Milchkaffee! Wir waren ziemlich vollgefressen, als wir auf unsere Moppeds gestiegen sind, aber das musste einfach sein.

Tja, ein wenig schwermütig sind wir dann unseren letzten Fahrtag angegangen. Es ging auf einer ziemlich gut befahrenen Landstraße Richtung Warschau, wo wir dann am frühen Nachmittag Pause machten, um einen Snack einzuwerfen. Irgendwie schon ein komisches Gefühl, sich dann von einem Freund trennen zu müssen, mit dem man die letzten drei Monate täglich zusammen war und nicht nur die Eindrücke, sondern wirklich das ganze Abenteuer geteilt hat. Wir sind richtig gute Freunde geworden, und wie wir dabei festgestellt haben, gilt das auch für John. Hm, Abschiednehmen ist nicht so unsere Stärke, also nur einmal kräftig gedrückt und dann gings weiter, durch Warschau auf die Autobahn gen Westen. So gute 150 km sollten wir noch zusammen fahren, bevor Thom dann nach Süden abbiegen muss. Kurz hinter Warschau zogen dunkle Regenwolken auf, also schnell rauf auf den nächsten Parkplatz und die Fleecejacke und Regenhandschuhe ausgepackt. Nun nahmen wir endgültig Abschied.

Wir sind dann zwar noch ein Stück zusammen gefahren, aber dann musste Thom abbiegen, also noch einmal Winken und ordentlich hupen, dann zogen wir beide alleine weiter. Bei Konin war ich dann am Überlegen, ob ich durchziehe, das Navi meinte, ich wäre voraussichtlich um 23 Uhr zurück in Geesthacht. Jetzt war es kurz nach fünf. Aber dann siegte die Vernunft, schließlich wollte ich sicher nach Hause kommen. Außerdem hatte ich auf der Anreise in einem Hotel in Konin übernachtet, wusste also, dass sowohl Hotel als auch Essen gut waren. Also ein Zimmer genommen und einen entspannten Abend genossen. Thom hatte sich zwischenzeitlich auch gemeldet, er hat auch noch einmal ein Hotel genommen. John war heute wieder verdammt zügig unterwegs, er ist bis kurz vor Warschau gekommen.

Mittwoch, 26. August 2015

Das Ende ist nah!

Nur noch 550 km bis nach Hause. Aber vorm Losfahren wird erst gefrühstückt, dann Ölstand geprüft und nachgefüllt, diesmal „nur“ 1,5 Liter. Und dann ab die Post. Bis auf die letzten Kilometer alles Autobahn, langweilig und nervig, aber es ist eben wie es ist. Das Schwierigste an diesem Tag war eigentlich, dass ich mich zurück halten musste, um nicht schneller als 120 km/h zu fahren, schließlich wollte ich nicht auf den letzten Kilometern dem Motor das Genick umdrehen. Trotzdem kam ich gut voran, einzig die polnischen Mautstellen haben mich etwas eingebremst. Dann die Grenze und Deutschland hat mich wieder. Hinter Berlin bin ich dann bei Burger King eingefallen und habe mir einen Whopper gegönnt.

So gegen 17 Uhr bin ich dann zu Hause angekommen. Natürlich bei strahlendem Sonnenschein und von meiner Frau in Empfang genommen.

Das war dann doch wirklich schön! Nach ein paar innigen Küssen bemerkte ich unsere Freunde, die ebenfalls zur Begrüßung angetreten waren, was mich dann wirklich gefreut hat und ich ziemlich gerührt war. Dann schnell das Mopped abgestellt, nur das nötigste Gepäck abgenommen und raus aus den Moppedklamotten und Stiefeln. Und dann ein herrlich kühles Bier auf der Terrasse im Kreise der besten Freunde! Plötzlich klingelt mein Telefon, John ist dran und will wissen wie er fahren soll, um bei mir vorbei zu kommen, er ist bereits bei Zarrentin. Ich hab’s schnell erklärt und war überrascht, dass er so schnell war, aber auf der Autobahn kann er ja mit der Adventure zweihundert fahren. Kurz nach sechs war dann der gewohnte Boxersound zu hören und John wurde von uns johlend in Empfang genommen. Und die Freunde waren jetzt wirklich platt, als sie das Dickschiff sahen und den relativ kleinen John darauf.

Natürlich gabs dann für John auch ein kaltes Bier, und wir mussten beide Rede und Antwort stehen, was unser Abenteuer betraf. Da wir Hunger hatten wurde Pizza bestellt und eine Freundin trabte noch los, mehr Bier zu holen, schließlich saßen zwei durstige Fernreisende am Tisch. Thom meldete sich auch noch, auch er ist gut zu Hause angekommen. Also Ende gut, alles gut.

John ist dann am nächsten Tag gegen Mittag aufgebrochen, er musste ja noch weiter bis nach Nottingham fahren. In der Nacht meldete er sich so gegen vier Uhr morgens, dass er auch wohlbehalten zu Hause angekommen ist.

Tja, mittlerweile sind fünf Monate vergangen, aber irgendwie bin ich immer noch nicht zu 100 % angekommen. Jedes Mal, wenn ich mich mit dem Bericht oder den Fotos beschäftige packt mich die Sehnsucht. Aber erst einmal gilt es wieder ein paar Jahre zu arbeiten, um genügend Zeit anzusparen, damit es wieder gen Osten gehen kann. Geplant ist 2019, und wie ich mittlerweile weiß: die Zeit vergeht wie im Fluge.

Wolle

Link:
Süddeutsche Zeitung: Mit dem Motorrad nach Sibirien

Wolle

Lebt in der Nähe von Hamburg und liebt das ganz große Abenteuer. War auf seiner modifizierten 650er Xchallenge in der Mongolei und Sibirien und tourte mit einer T700 durch Südamerika. Für die etwas gemächlicheren Touren innerhalb Zentraleuropas zieht er jedoch als Lastesel seine 800er Tiger vor.