Dienstag, 11. August 2015 Juktali – Tschiltschi (ca. 120 km)
Wir wollen heute früh los, also gibt es erst einmal nur das „kleine“ Frühstück, sprich: Kaffee und eine Zigarette. Unterwegs dann später wollen wir richtig frühstücken. Schnell sind die Maschinen beladen und los geht’s, die XChallenge springt wieder auf Schlag an und schon sind wir unterwegs. Zunächst kommen wir gut voran, weil die Piste gepflegt ist, und auch die Brücken sind gut in Schuss.
Dann kommen wir zu einer großen Brücke, sogar aus Beton und gut gepflegt. Wir beschließen auf der Brücke zu frühstücken. Nachdem wir das Essen ausgepackt haben meint Thom, das irgendwo am Vorderrad von John Luft zischt. Eine Prüfung ergab, dass der Reifen tatsächlich Luft verliert. Also machen John und ich uns dran das Vorderrad auszubauen, während Thom sich um das Frühstück kümmert.
Mittlerweile sind wir in Sachen Radausbau geübt und auch diesen Reifen kriegen wir schnell von der Felge. In der Tat, da ist ein Loch im Schlauch. Ursache ist das untere Teil vom Schlauchlosventil, John hatte beim letzten Mal vergessen, das Gummistück aus dem Reifen zu fischen. Egal, schnell den Schlauch flicken und während der Wartezeit das Frühstück genießen. Nach dem Trocknen des Flickens ist dann auch alles wieder ruckzuck zusammengebaut und wir können weiterfahren.
Nach wie vor kommen wir gut voran, mittlerweile fahren wir wieder parallel zur Bahntrasse, da hält John plötzlich an. Er hat schon wieder einen Plattfuß am Vorderrad. Wir beide gehen flink ans Werk, und als wir das Rad draußen haben kommt Thom wieder zurück, er war als erster unterwegs und hatte zunächst 5 Minuten gewartet bevor er umgedreht ist.
Der Fehler ist schnell gefunden, der Flicken war nicht richtig verklebt und deswegen gabs wieder einen Plattfuß. Diesmal packt John seinen zweiten Reserveschlauch in den Reifen und der kaputte Schlauch wird dann später geflickt. Ich würde sagen, diesmal waren wir in Rekordzeit fertig, keine 30 Minuten hat es gedauert, bis die Adventure wieder fahrbereit war!
Irgendwie scheint heute der Wurm drin zu sein, einerseits kommen wir trotz der Platten ganz gut voran, aber irgendwie haben wir alle drei das Gefühl, das da noch was kommen wird. Und wir haben Recht, trotz guter Piste fehlt vor Djugabul doch glatt die komplette Brücke über den ziemlich breiten Njukscha-Fluss. Etwas weiter stromab finden wir dann die Furt, sie sieht gar nicht so schlecht aus, und so entscheiden wir uns für die Furt und suchen nicht lange nach einer Auffahrt zur Eisenbahnbrücke.
Thom macht den Anfang, und er kommt gut durch. Anschließend folgen John und ich, ebenfalls ohne Probleme, obwohl der Fluss relativ breit ist. Aber die Strömung ist nicht zu stark und der Boden recht fest ohne allzu viele Rollsteine, außerdem nur knietief.
Wir hoffen dass es nun genug Probleme für heute waren und fahren weiter. Doch es kommt anders, keine zwanzg Kilometer weiter müssen wir den Njukscha abermals queren, dort ist er noch breiter als zuvor und die hiesige Brücke fehlt natürlich auch. Eine gangbare Furt ist in der Nähe nicht zu finden, also zurück und wieder auf die Trasse parallel zur Eisenbahn und die Eisenbahnbrücke nehmen. Doch da kommen wir nicht weiter, auf der Brücke sind gerade Gleisbauarbeiten im Gange. Deswegen haben wir auch keine Züge gesehen bis jetzt, wir hatten uns schon gewundert.
Thom spricht mit dem Vorarbeiter und der sagt, in ca. 3 Stunden wären sie fertig und wir könnten dann über die Brücke. Alternativ könnten wir auch die Furt nehmen, die direkt in der Nähe der Brücke ist. Von der Brücke aus sieht das gar nicht so schlecht aus, zwar müssen wir ein Stück weit über Geröll fahren und dann 200 m durchs vielleicht knietiefe Wasser, aber die andere Furt vorhin war ähnlich. Also beschließen wir die Furt zu nehmen, um nicht zu viel Zeit zu verlieren, wir sind wohl schon in einer Art Endspurtstimmung.
Also runter von der Brücke, und wie gewohnt die letzten Tage, fährt Thom als Erster durch die Furt. Es wird dann doch nicht der erwartete Spaziergang, die KTM hüpft und springt wegen der großen Steine, ein oder zweimal sieht es fast aus als wenn Thom umkippt aber dann schafft er doch. John und ich entscheiden dann, dass ich als Zweiter gehe, um anschließend die BMW zu Dritt über den Fluss zu bringen. Zunächst komme ich besser voran als Thom, aber dann erwische ein Loch und die XChallenge sitzt fest. John kommt zu Hilfe und mit Gewalt und kreischender Kupplung befreien wir die Maschine. Weiter geht’s, die XChallenge hüpft und bockt wie bei Thom, aber letztlich komme ich ans andere Ufer!
Jetzt kommt die Adventure. Das wird bestimmt nicht leicht, auch wenn Thom und ich schieben. Wie bei mir klappt das auf den ersten Metern ganz gut, aber dann wird’s haarig, wir kommen zwar noch voran, aber nur mit kräftigem Schieben. Dann sitzt die BMW fest, eingegraben bis zum Bodenblech… Mit Hauruck und schleifender Kupplung versuchen wir den Bock wieder voran zu bekommen. Dann tut es einen harten metallischen Schlag und nichts geht mehr. Die Kupplung vom Beemer hat sich verabschiedet, so wie es aussieht – und besonders, wie es sich anhört.
Zuerst denken wir, sie ist nur heiß gelaufen und muss abkühlen, doch auch nach einigen Minuten tut sich nichts in Sachen Vortrieb. Letztlich müssen wir uns geschlagen geben, ohne Motorkraft kriegen wir die 400 kg schwere Maschine nicht über den Fluss.
Aber wie schon gesagt, wir sind einfach Glückskinder, die Bauarbeiter haben einen Traktor. Also hin zum Vorabeiter und fragen, ob sie den Beemer bergen können. Sie wollen uns helfen, aber das kostet dreitausend Rubel. Okay, einverstanden, weil im Wasser bleiben ist keine Alternative. Zuerst versuchen wir dann, den Beemer in seine Schaufel zu bekommen, was nicht klappt, also bleibt nur ziehen über, schnell wird ein Tampen am Beemer befestigt und ganz langsam setzt sich der Schleppzug in Bewegung. John sitzt auf dem Mopped und wir halten die Maschine links und rechts fest. Wir lassen den Beemer gleich zum Lager der Bauarbeiter schleppen und dann müssen wir erst einmal Luft holen und uns Gedanken machen, wie es weiter gehen soll oder besser kann.
Leider haben wir von der Bergung weder Bild noch Filmmaterial, aber wir werden das bestimmt nicht vergessen, wie die BMW per Traktor (oder JCB, wie John das Fahrzeug nannte) aus dem Fluss geschleppt wurde. Nicht nur dass die Adventure nicht mehr aus eigener Kraft fahren kann, die Kupplungen unserer Kräder sind nach der Furt auch nicht mehr gerade neuwertig, damit fällt das Abschleppen schon mal weg. Thom spricht deswegen noch einmal mit dem Vorarbeiter. Der ist einverstanden, später die BMW mit seinem Kranlaster nach Tschiltschi, dem nächsten Ort zu bringen. Knapp 15 km entfernt. Das soll dann auch noch einmal 3000 Rubel kosten. Was solls, ist sogar im Verhältnis zur Bergung preiswert. Außerdem hat hier jeder Ort einen Bahnhof, das heißt, wir können von da aus notfalls mit dem Zug nach Tynda fahren. So gegen Fünf trifft der Lkw dann ein und kurz danach beginnt die Verladung.
John fährt dann im Lkw mit und wir tuckern langsam hinterher. In Tschiltschi, einem kleinen Ort, lassen wir die BMW dann beim Bahnhof abladen. Natürlich sind wir eine kleine Sensation, recht schnell sammeln sich etliche Leute um uns herum und haben tausend gute Ratschläge für uns. So erzählt einer von einem Transporter, der die BMW nach Tynda bringen könnte. Der Besitzer wird herbeitelefoniert und John und Thom fahren mit ihm zum Transporter. Leider erweist sich der Transporter als zu klein.
Nächster Versuch ist dann bei der Bahn, doch dort heißt es erst einmal, wir müssen bis acht Uhr warten, wenn der Bahnhofsvorsteher im Dienst ist. Naja, die Zeit kriegen wir auch noch rum. Wir sprechen mit den Russen, die um uns herumstehen, und so langsam kriegen wir raus, dass am nächsten Tag ein Zug fährt, bestehend aus einem Plattformwagen und einem Personenwaggon. Sie würden auch rechtzeitig am Bahnhof sein, um die Moppeds mit aufzuladen.
Dann versuchen wir es noch einmal mit dem Bahnhofsvorsteher, der sich als richtig lecker Mädel entpuppt, nicht wie erwartet ein alter Mann. Natascha ist hilfsbereit und mit Tante Rosis (meine Tante in Deutschland) am Telefon kriegen wir dann so einiges geklärt. In der Tat geht morgen der genannte Zug, allerdings wird die Zugführerin dann entscheiden, ob wir mitkommen können, da der Zug nur für ein paar Minuten hier hält. Naja, immerhin fragen können wir und halt rechtzeitig auf dem Bahnsteig bereitstehen.
Außerdem dürfen wir im Bahnhofsgebäude übernachten, dort haben sie nämlich Zimmer für Bahnmitarbeiter mit Betten und einer Dusche. Damit ist der Tag mehr oder weniger gerettet. Jetzt bleibt nur noch der Einkauf fürs Abendessen zu erledigen und dann harren wir der Dinge, die morgen auf uns zukommen. Wir sind zwar noch etwas skeptisch, ob das morgen auch alles klappen wird, aber trotzdem scheint es sich zum Guten zu wenden, so gehen wir dann auch recht entspannt ins Bett.
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