Roads To Siberia, Tag 53

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Dienstag, 21. Juli 2015

Unser heutiges Tagesziel heißt Mörön, sprich wir gehen in ein Hotel und wollen neben dem Komfort eines Bettes nach vier Tagen auch eine heiße Dusche, um den ganzen Staub abzuspülen. Doch erst einmal wird in Ruhe gefrühstückt, da unsere Zelte noch ein wenig abtrocknen müssen. Diesmal gibt es für John ein Spezialfrühstück, er hat sich eine Dose Fisch gegönnt, während Thom und ich mit Marmelade und Nougatcreme zufrieden sind. Dann brechen wir unser Lager ab, diesmal mit jugendlicher Begleitung: ein neugieriger Junge watet durch den Fluss, um uns zu begrüßen und ein wenig zuzugucken.

Zurück auf der Piste, geht es im üblichen Rhythmus weiter. Doch diesmal warten noch zwei nicht ganz kleine Pässe auf uns. Aber bis dahin sind noch einige Kilometer abzureißen. Die Piste wird nun etwas rauer, aber das sind wir mittlerweile gewöhnt. Der Anstieg zum ersten Pass ist etwas ungewöhnlich für uns, weil sich hier erstmals seit Tagen eine gut gepflegte Piste auftut, breit geschwungen geht es aufwärts, sogar Begrenzungspfosten sind vorhanden. Auf der Passhöhe dann sogar ein Schild mit dem Namen des Passes und viele Autos, deren Insassen die Aussicht genießen. Ich fahre vorweg und halte an der ersten Serpentine auf der herabführenden Seite, um die Jungs zu Filmen, leider sind sie zu schnell und müssen daher kehrt machen. Dann geht es weiter ins Tal, immer noch auf dieser gepflegten Piste und auf weit geschwungenen Serpentinen. Im Tal ist die Piste an mehreren Stellen von Erdrutschen verschüttet worden, so geht es auf holprigen Umwegen daran vorbei und wieder auf die Piste. Die nächsten Kilometer sind einfach genial, die breite und glatte Piste erlaubt es uns, das erste Mal seit Tagen den fünften Gang zu benutzen! Doch nach 20 km findet der Spaß ein Ende, es geht wieder auf der gewohnt ruppigen Piste weiter. Der zweite Pass ist weniger spektakulär, doch er bietet für mich trotzdem eine gehörige Portion Adrenalin. Kurz vor der Passhöhe bin ich recht zügig unterwegs und denke, weil mir ein SUV entgegenkommt, ich kann auf der anderen Seite zügig weiterfahren. Doch vertan, es folgt ein gefühlt fast senkrechter Abstieg, den ich gerade noch vermeiden kann. Erst einmal Luft holen, bevor ich dann auf den normalen Abstieg schwenke. Dabei kann ich sehen, dass es schon gut gegangen wäre, aber trotzdem, lieber auf Nummer sicher gehen!

Nun sind es nur noch 50 km bis zum Tagesziel. Trotzdem zieht es sich irgendwie, der Verkehr nimmt zu und wir müssen mehr aufpassen. Kurz vor Mörön treffen wir dann noch auf einen Deutschen, der mit einem dieser kleinen chinesischen Moppeds unterwegs ist. Er fragt uns nach dem Weg, und ein Blick auf unsere Karte hilft ihm dann weiter. Weiter geht’s nach Mörön, was sich dann als recht großes Städtchen herausstellt. Etliche Hotels stehen zur Auswahl, und wir landen in einem recht ordentlichen Hotel, natürlich mit Dusche und WC auf dem Zimmer, wie gewünscht. Und die Moppeds dürfen wir sogar in der Tiefgarage abstellen.

Wir waren wirklich ziemlich eingestaubt!

Also runter die Klamotten und ab unter die Dusche. Das ist wirklich eine Wohltat, nach diesen staubigen Tagen endlich wieder richtig sauber zu sein. Nach dem Duschen geht’s raus, um ein Restaurant zu finden. Wir haben Glück und brauchen nicht weit zu laufen. Es gibt wirklich gutes Essen, wir bekommen einen tollen Eiersalat und gebratenes Rindfleisch mit Reis, was absolut super schmeckt und gut gewürzt ist. Kein Vergleich mit den fettigen Gerichten an der Straße, und anscheinend ist die mongolische Küche doch etwas vielseitiger als gedacht.

Das Bier ist auch lecker, und nach dem Essen sehen wir auf der anderen Straßenseite so etwas wie eine Disco. Eine kurze Lagebesprechung und wir beschließen dort reinzugucken. Es ist in der Tat eine Disco, Jung und Alt tanzen dort zu moderner mongolischer Disco-Musik. Also schnell einen Tisch besetzt, ein Bier bestellt und ein wenig umgeguckt. Doch viel Zeit lässt man uns nicht, schnell werden wir von den Mongolinnen aufgefordert und müssen uns den doch etwas anderen Tanzstil anpassen. Es macht Spaß, nach fast 2 Monaten on the Road mal wieder zu tanzen. Doch der Spaß ist viel zu schnell vorbei, Punkt Elf wird die Musik ausgeschaltet, das Licht aufgedreht und die Leute fangen an den Laden zu verlassen. Für uns irgendwie unverständlich, aber andere Länder andere Sitten.

Komischerweise scheinen die Mädels, mit denen wir zum Schluss getanzt haben, noch etwas mit uns vorzuhaben. Irgendwie komisch, zumal wir uns kaum verständigen können. Da man uns jetzt auffordert nach draußen zu gehen, verlassen wir die Disco. Thom und ich rauchen erst mal eine Zigarette. Da taucht noch ein Typ auf, der irgendwie mit den Mädels zu tun hat und redet auf uns ein. Ein zweiter Typ erscheint und beginnt ebenfalls auf Thom einzureden. Gleichzeitig fangen die Mädels an, an uns herumzuziehen. Das Ganze kommt uns sehr merkwürdig vor, und so beschließen wir, besser zum Hotel zurückzukehren. Sozusagen safe ground. Im Nachhinein denken wir, dass es sich wohl um so etwas wie Gelegenheitsprostitution gehandelt haben mag, obwohl das nicht sicher ist. Andererseits, warum sollten Mongolinnen, mit denen wir nur ein paar Tänze getanzt haben, so von uns beeindruckt sein, dass sie uns zu sich nach Hause oder wohin auch immer mitnehmen wollten? Naja, es war trotzdem ein lustiger Abend und es zeigt sich, dass sich in den Städten der Mongolei einiges bewegt in Richtung Entwicklung, nicht nur beim „Nightlife“.

Wolle

Lebt in der Nähe von Hamburg und liebt das ganz große Abenteuer. War auf seiner modifizierten 650er Xchallenge in der Mongolei und Sibirien und tourte mit einer T700 durch Südamerika. Für die etwas gemächlicheren Touren innerhalb Zentraleuropas zieht er jedoch als Lastesel seine 800er Tiger vor.
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