Mit Tempo 100 durch die Stadt, mit Tempo 150 über die Stadtautobahn: Raser gefährden das Leben anderer. Doch auch wer öffentliche Straßen in Rennstrecken verwandelt, trägt ein Risiko – dass ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet und das Auto eingezogen wird. Nun zeigt eine aktuelle Bilanz der Polizei, dass dieses Risiko in Berlin inzwischen durchaus real ist. „Wir haben den Eindruck, dass sich unsere erfolgreiche Arbeit in der Szene herumspricht“, sagte Frank Schattling, der im Stab des Polizeipräsidenten für den Verkehr zuständig ist.
Mietautos für illegale Autorennen
So sieht die Bilanz der Berliner Polizei für die Zeit vom 1. Januar bis zum 1. November 2018 aus: 111 Fahrzeuge wurden beschlagnahmt, weil sie in illegalen Rennen eingesetzt wurden. In 39 Fällen handelte es sich um Mietfahrzeuge.
Der Kurfürstendamm und die Autobahn A100 führen die Liste der Straßen an, die besonders oft Schauplatz von verbotenen Rennen sind. Dort trat die Polizei jeweils zehnmal in Aktion. Auf der Heerstraße und im Tiergartentunnel wurden jeweils neun Autorennen unterbunden. Der Siemensdamm folgt mit fünf Fällen.
91 Führerscheine wurden beschlagnahmt, teilte Schattling weiter mit. Auch leitete die Berliner Polizei 219 Strafermittlungsverfahren ein, deren Basis der Paragraf 315d des Strafgesetzbuches war. „Diese Bestimmung erleichtert uns die Arbeit enorm“, so der Polizeidirektor. „Vorher galten Rennen meist als Ordnungswidrigkeit, jetzt als Straftat.“
Paragraf 315f StGB ermöglicht Beschlagnahmung von Autos
Nachdem bei illegalen Rennen Menschen gestorben waren, trat der Paragraf 315d im Oktober 2017 in Kraft. Er stellt nicht nur illegale Rennwettbewerbe, an denen mehrere Fahrer teilnehmen, unter Strafe. Einzelraser müssen ebenfalls damit rechnen, zu bis zu zwei Jahren Haft oder zu einer Geldstrafe verurteilt zu werden. Denn der Paragraf 315d betrifft auch Kraftfahrer, die sich „mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos“ fortbewegen, um ein größtmögliches Tempo zu erzielen – ob allein oder in einer Gruppe spielt dabei keine Rolle.
Ein scharfes Schwert wird die Bestimmung durch eine weitere Neuregelung. Der Paragraf 315f erlaubt es, Autos einzuziehen, die bei illegalen Rennen eingesetzt worden sind. „Da fangen harte Jungs schon mal an zu schlucken, wenn ihnen das Spielzeug weggenommen wird“, so ein Polizist.
Die beschlagnahmten Autos werden in den ehemaligen Straßenbahn-Betriebshof Schöneberg in die Belziger Straße gebracht. Wenn sie fahrfähig sind, werden sie zugunsten der Landeskasse verkauft, falls die Einziehung gerichtlich bestätigt wird. „Die Urteile, von denen wir Kenntnis erhalten, sind in unserem Sinne positiv ausgefallen“, so Schattling. Es komme vor, dass die Amtsanwaltschaft Berufung einlegt, wenn das Urteil härter ausfallen sollte.
Getunte Autos für 79 Euro
Mietautos müssen allerdings den Vermietern zurückgegeben werden, hieß es bei der Polizei. Gut möglich, dass sie wieder eingesetzt und auffällig werden. In Berlin gibt es einige Fahrzeugvermieter, die sich auf Luxuskarossen und getunte Autos spezialisiert haben. Ein Charlottenburger Anbieter bietet Mercedes-Benz AMG CLA (Höchsttempo 250) für 79 Euro pro Tag an. Bei einer Firma in Tiergarten gibt es eine Mercedes-Benz S-Klasse für 249 Euro pro Tag – „Kreditkarte nicht erforderlich“.
Der SPD-Abgeordnete Daniel Buchholz, durch dessen Heimatbezirk Spandau mehrere Raserstrecken führen, lobte die Polizei. „Sie geht das Thema konsequent an“, sagte er am Donnerstag. Buchholz geht davon aus, dass die Beschlagnahmungen Wirkungen zeigen: „Das ist genau das, was diesen Tätern wehtut.“
Quelle: Berliner Zeitung
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