Camping gegen Rasen

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Die haben gesessen: um gewiefte Raser aus dem Verkehr zu ziehen, bedarf es manchmal ausgefallener Methoden. Die Polizei in Cochem ging jetzt völlig neue Wege und setzte sich ungeniert an den Fahrbahnrand:  auf Campingstühlen, mit Sonnenbrille und Flip-Flops. Einige der motorisierten „Passanten“ zogen den Hauptgewinn und gehen jetzt erstmal zu Fuß.

Zwei Beamte der Polizei Cochem sitzen wie Touristen am Straßenrand. (Quelle: Mario Zander)
Zwei Beamte der Polizei Cochem sitzen wie Touristen am Straßenrand. (Quelle: Mario Zander)

Rasende Motorradfahrer sind zu einem massiven Problem auf der K 36 zwischen Bruttig-Fankel und dem Flaumbachtal geworden. Neben Anwohnerbeschwerden wurden auch massive Geschwindigkeitsverstöße bei Messungen festgestellt. So raste mehr als jeder Zweite zu schnell durch die Ortslage von Bruttig-Fankel, teilweise mit weit mehr als 100 Stundenkilometern bei erlaubten 50 km/h (wir berichteten).

Geschwindigkeitskontrollen mit dürftigen Ergebnissen

Die Polizei Cochem hat auf der Strecke bereits zahlreiche Unfälle registriert. Vergangenen Freitag erneut: Zwei Motorradfahrer stießen in einem Kurvenbereich gegeneinander. Die Folge: Drei Schwerverletzte; eine Sozia wird vermutlich ihr Bein verlieren. Lasermessungen erbrachten bisher nur dürftige Ergebnisse. Der Grund: Die Beamten sind bei den Messungen mit einer Laserpistole am Straßenrand zu gut zu erkennen, die Motorradfahrer bremsen sofort ab. Auch warnen sich die Motorradfahrer nach Erkenntnissen der Polizei Cochem via Funk und Handy gegenseitig, so dass die Messstellen der Polizei, wie es im Polizeijargon heißt, schnell „verbrannt“ sind.

Mit Sonnenbrille und Hut zum Erfolg

Jetzt hat sich die Cochemer Polizei eine neue und offenbar erfolgreiche Taktik im Kampf gegen Raser ausgedacht. Trotz eines in doppelten Sinne „heißen Wochenendes“ für die Cochemer Polizei (Großereignis 24-h-Rennen) ordnete Polizeichef Reinhard Börsch aufgrund der neuen Messergebnisse und des Unfallgeschehens eine kurzfristige Kontrolle an. Am Sonntag wurde die neue Taktik der Polizei Cochem erstmals eingesetzt. In Freizeitkleidung, mit Sonnenbrille und Hut setzten sich zwei Beamte in Zivil an einen kleinen Campingtisch am Straßenrand. Für vorbeikommende Raser war klar, dass es sich offenbar um Touristen handelt, die eine Rast am Straßenrand machen. Rund zwei Kilometer weiter stand in einem Waldweg ein Anhaltekommando mit uniformierten Beamten.

Mit 173 km/h an der Kontrollstelle vorbei

Es dauerte nur eine halbe Stunde, da knallte der erste Motorradfahrer an der Kontrollstelle vorbei. Mit 173 Kilometer pro Stunde. Als er angehalten wurde, sagte der Mann aus dem Hunsrück überrascht: „Ich dachte, das seien Touristen, die haben so interessiert geschaut. Da habe ich gedacht, denen zeige ich mal, was das Motorrad kann.“ Für den Motorradfahrer wird der Sonntagsausflug teuer. Zwei Punkte in Flensburg, rund 470 Euro Geldbuße plus Gebühren und zwei Monate Fahrverbot. Dabei hatte er noch Glück. Denn die Beamten stellten auch fest, dass er auch noch den Schalldämpfer aus dem Auspuff ausgebaut hatte. „Das würde normalerweise nochmals rund 150 Euro kosten“, so ein Polizeibeamter an der Kontrollstelle. Da der Hunsrücker aber schon für den Geschwindigkeitsverstoß belangt wurde, musste er für den manipulierten Auspuff nichts bezahlen. Allerdings ließen ihn die Beamten erst weiterfahren, als er den im Seitenfach gelagerten dB-Eater wieder eingebaut hatte. EPHK Reinhard Börsch: „Dieser Fall zeigt, wie dringend und notwendig solche Kontrollmaßnahmen hier auf dieser Straße sind.“ Nachdem die Verbandsgemeinde bei Messungen zahlreiche Rasereien sogar innerhalb der Ortslage dokumentiert hat, haben nun auch die Behörden reagiert. Im Juni soll es ein Treffen zwischen Kreis, dem Landesbetrieb Mobilität (LBM) und der Ortsgemeinde geben, bei dem über bauliche Maßnahmen im innerörtlichen Bereich beraten werden sollen. Ziel sei es, so Ortsbürgermeister Rainer Welches, „die Raser entsprechend durch bauliche Vorkehrungen auszubremsen.“

Quelle: wochenspiegellive.de (Mario Zender)

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